AUS STELLEN - mehrmediales Ausstellungsprojekt zeitgenössischer Fotografie am Ende der 90er Jahre in drei "Räumen".
I. Der programmatische Titel der Ausstellung AUS STELLEN zielt auf die Besetzung von Ausstellungsorten jenseits des "White Cube", die sich den Betrachtern öffnen bzw. die sich diesen nicht von vornherein verschließen.
Es handelt sich um den öffentlichen Raum, das Printmedium Tagespresse und das Internet:
- Der öffentliche fotografische Raum ist ein Raum, der ausschließlich einer kommerziellen Fotografie, einer werbenden fotografischen Sprache Platz gibt.
- Der Ort der Plakatwerbung ist besetzt als ein Raum für Werbung, Informationen und kommerzielle Interessen, die vorgeblich nicht mit der Kunst zu vereinbaren sind und die eine Besetzung durch die Kunst, vorgeblich zweck- und funktionsfrei, ausschließen soll. Diese Strategie bewirkt jedoch, der Kunst ausschließlich einen isolierten und abgeschlossenen Raum - den "White Cube" - zuzuweisen und einen Eingriff der Kunst in gesellschaftliche Belange zu verhindern.
- Der Ort des Medium-Raumes Tagespresse ist textlichen Informationen vorbehalten, das Bild findet als Dokumentation oder Werbung statt.
- Das Internet strukturiert sich derzeit über textliche Informationen und e-commerce.
II. AUS STELLEN bedeutet:
- den "White Cube" zu verlassen,
- lokale Grenzbereiche zu finden und zu öffnen,
- angestammte und verlässliche Funktionen auszuloten,
- Grenzziehungen zwischen der sog. künstlerischen Fotografie und der sog. kommerziellen Fotografie zu verwischen und damit Kategoriengrenzen zu prüfen,
- den Kunstbegriff abzutasten,
- die Formen der Ausstellungsinszenierungen zu prüfen,
- aus klassischen Orten und Zusammenhängen, aus festgeschriebenen Kategorien und herkömmlichen Hierarchien, aus stehenden Wertbesetzungen und -zuweisungen auszubrechen,
- Wahrnehmungshorizonte zu erweitern,
- und damit die tradierten Zuordnungen zu destabilisieren.
III. Die Fotografien werden an drei verschiedenen Orten, in drei verschiedenen Präsentationsformen, mit jeweiligem Vernetzungsverweis gezeigt:
- Auf 12 billboards der Größe 2,50m x 3,50m werden vom 09.09.1999 bis zum 10.10.1999 an bestfrequentierten Plätzen im Hamburger Innenstadtbereich (auf der Hamburger Kunstmeile) zwölf Fotoarbeiten gezeigt.
Der öffentliche Raum, als fotografischer Raum durch Werbung und Produktpräsentation besetzt, wird über das Medium Plakatwand als Ausstellungsraum erschlossen.
- Im Printmedium 15UHR AKTUELL, sowohl in der Berliner als auch in der Hamburger Ausgabe, werden die Arbeiten als Bild auf der Panoramaseite gezeigt. Täglich wechselnd wird ab 10.09.1999 eine Fotoarbeit im Medien-Raum Tagespresse ausgestellt.
Der Informations- und Textraum Tageszeitung wird zum Ausstellungs- und Bild-Raum umdefiniert.
- Über die Website www.ausstellen.de wird das Internet als Ausstellungsraum erschlossen. Dieser ist in der Zeitraum vom 09.09.1999 bis zum 10.10.1999 geöffnet. Am 10.10.1999 erfolgt mit Schließung des Aussstellungsraumes der Verkauf der Arbeit im virtuellen Auktionshaus ricardo.de, das im Rahmen einer Benefiz-Auktion zu Gunsten von Arbeitsstipendien für die teilnehmenden Künstler die Fotoarbeiten meistbietend versteigert.
Teilnehmende KünstlerInnen:
Jens Goethel, Bianca Hobusch, Marie Kaufmann, Roland Klemp, Giovanni Mafrici, Caroline Marti, Olympia, Thomas Rusch, Sonja Schäfer, Anton Seidel, Tom Stoklossa, Andreas Weiss.
IV. AUS STELLEN ist ein mehrmediales Ausstellungsprojekt von zeitgenössischer Fotografie am Ende der 90er Jahre begleitend zur
Triennale der Fotografie in Hamburg.
Das Projekt überprüft klassische Raumverteilungs- und Raumzuordnungsprinzipien sowie tradierte Funktionszuweisungen für fotografische Arbeiten und lotet bestehende Kategorisierungen aktueller Fotografie aus:
http://www.welt.de/daten/1999/09/13/0913hk129126.htx
Die Ausstellung deckt Leer- und Schwachstellen der Präsentation und Verwendung fotografischer Arbeiten in der Mediengesellschaft auf. Sie arbeitet der Ausgrenzung künstlerischer Fotografie aus aktuellen und oftmals kontroversen Debatten in gesellschaftlich relevanten Räumen, wie dem öffentlichen Raum oder dem Medien-Raum, entgegen. Verbannt in die, der Kunst vorbehaltenen Räume (dem "White Cube") wird die künstlerische Fotografie in eben jenen "ästhetischen, neutralen, reinen und weissen" Galerien- und Museumsräumen von ihren sozialen, geschlechtlichen, religiösen, politischen und ethnischen Produktionsbedingungen isoliert und entsprechenden gesellschaftskritischen Fragestellungen, Diskussionen und Eingriffen enthoben.
Die Ausstellung mit dem programmatischen Titel AUS STELLEN zielt auf eine Umkoordinierung und Umbesetzung von Orten und Werten. Die klassischen Raum- und Funktionszordnungen für Fotografien sind ohnehin durch den Aufenthalts- und Handlungsort zeitgenössischer Fotokünstler gestört, da diese sich jenseits tradierter Zusammenhänge und Oppositionen wie künstlerischer und kommerzieller Fotografie bewegen.